Gustav Mahler
4. Symphonie
Leihmaterial
Herausgeber: Internationale Gustav Mahler Gesellschaft
Beschreibung
Mahlers Vierte war und ist seine am häufigsten aufgeführte Symphonie, heute knapp flankiert von der Ersten und der Lied-Symphonie Das Lied von der Erde. Wie rechtfertigt sich eine kritische Neuausgabe eines so beliebten, bekannten und vielfach erprobten Werks?
Mahler selbst war anfangs gar nicht von der 1901 vollendeten Symphonie überzeugt und bezeichnete sie noch 1903 als „Stiefkind, das bis jetzt noch wenig Freude auf der Welt erlebt hat“. Permanent überarbeitete und verfeinerte er die Instrumentation, um seinen Intentionen den passenden Ausdruck zu verleihen. Und hier liegt die Herausforderung für eine zeitgemäße quellenkritische Ausgabe: jahrzehntelang war nicht einmal die Partitur mit Mahlers letzten Revisionen bekannt, da er diese erst Anfang 1911 in New York eingetragen hatte und die Noten durch Krankheit und Tod des Komponisten im Mai 1911 nicht rechtzeitig in den Verlag gelangten. Erst in den 1960er-Jahren konnte Erwin Ratz im Rahmen seiner Herausgebertätigkeit auch die Fassung berücksichtigen, die Mahler in seinem Vertrag mit der UE als gültig bezeichnet hatte. Doch blieben damals noch zahlreiche Vor- und Zwischenstadien unerkannt oder konnten nicht eingesehen werden. Ein Beispiel ist das in den 1990er-Jahren erstveröffentlichte Lied „Das himmlische Leben“, das Mahler nicht nur zum Finalsatz der Symphonie umgearbeitet hat, sondern das auch als kompositorische Basis für die vorangehenden Sätze diente. Von diesem Lied, das er in Hamburg 1892 komponiert hatte, sind erst in jüngerer Zeit die Abschriften für eine damals gescheiterte Drucklegung zugänglich geworden. Ebenso ist Mahlers erste Dirigierpartitur der Symphonie, ein Probeabzug für die erste Einstudierung, bislang nicht richtig zugeordnet worden und war auch nicht zur Auswertung verfügbar. Über diese frühen verschlungenen Wege führt die Spurensuche schließlich auch ganz nahe an Mahlers leider immer noch verschollene spätere Dirigierpartitur heran, aus der er aber zum Glück 1905 für einen Kollegen in Graz akribisch alle damaligen Änderungen übertrug: auch diese unschätzbare Quelle konnte erst jetzt konsultiert werden. Alles in allem stehen wir mit der Neuausgabe an dem Punkt, wo neben der letzten Fassung auch die zahlreichen Stadien der Umarbeitung und etliche dabei auch von Mahler selbst übersehene Lesefehler, Missverständnisse, neuerliche Druckfehler und Widersprüche abgewogen und bewertet werden können. Der computergestützte neue Notensatz hatte mehrfaches genaues Korrekturlesen zur Folge; alle editorischen Entscheidungen werden im ausführlichen Kritischen Apparat transparent gemacht. Ein Vorwort zu Entstehung, Aufführungsgeschichte und Drucklegung sowie Hinweise zur Aufführungspraxis, Faksimileabbildungen sowie ein englisches Glossar runden die durchwegs zweisprachige Ausgabe ab.
Begründung der Jury
Mehr als 50 Jahre nach der Kritischen Gesamtausgabe legt die Universal Edition im Rahmen der Neuen Kritischen Gesamtausgabe Mahlers 4. Sinfonie (Partitur und Aufführungsmaterial) vor.
Die 1901 vollendete Sinfonie, die heutzutage zu den beliebtesten Werken Mahlers gehört, hatte einen schweren Start: Mahler bezeichnete sie noch 1903 als „Stiefkind, das bis jetzt noch wenig Freude auf der Welt erlebt hat.“ So schloss sich ein jahrelanger Revisions- und Verfeinerungsprozess an, dessen Stadien erst in jüngster Zeit durch neue Funde und eine Neubewertung der vorhandenen Quellen angemessen dokumentiert werden können. Das Ergebnis ist eine wissenschaftliche Edition, die mit wunderschönen, die zweispaltige Gestaltung aufbrechenden Faksimileabbildungen, einem englischen Glossar sowie einem ausführlichen Vorwort zu Entstehung, Aufführungsgeschichte, Drucklegung und Hinweisen zur Aufführungspraxis keinen Wunsch offenlässt. Gleichzeitig wurde durch den computergestützten neuen Notensatz die Lesbarkeit von Partitur und Stimmen optimiert, so dass auch unter aufführungspraktischen Gesichtspunkten kein Weg an dieser Ausgabe vorbeiführen dürfte.