Johann Sebastian Bach

Suiten, Partiten, Sonaten

bearbeitet für Cembalo von Gustav Leonhardt

Herausgeber: Siebe Henstra

Bärenreiter-Verlag
Kassel · Basel · London · New York · Praha

Beschreibung

„Ich denke, dass Bach mir vergeben hätte, dass ich mich an die Bearbeitungen gemacht habe; ob er mir vergeben hätte, wie ich es machte, ist natürlich unentschieden.“ (Gustav Leonhardt)

Der Cembalist, Dirigent und Organist Gustav Leonhardt gilt als einer der Pioniere der Historischen Aufführungspraxis. Von 1968 bis 1978 bearbeitete Leonhardt einige der Kompositionen für Violine bzw. Violoncello solo von Johann Sebastian Bach für den Vortrag auf dem Cembalo. Seine Bearbeitungen werden nun von seinem Schüler, dem renommierten Cembalisten Siebe Henstra, vorgelegt. Als Grundlage für die Edition dienten die handschriftlichen Aufzeichnungen, aus denen Leonhardt seinerzeit musizierte.

  • Informatives Vorwort (dt./engl.) des Alte-Musik-Spezialisten Skip Sempé
  • Hinweise zur Ausgabe durch den Herausgeber Siebe Henstra

Weitere Informationen wie Inhaltsverzeichnis und Notenbeispiele finden Sie hier.

Begründung der Jury

Im Jahr 2012 starb mit 83 Jahren in Amsterdam Gustav Leonhardt, ein Pionier der Wiedererkundung barocker Tastenmusik und, als Chef des Leonhardt Consorts, auch ein Dirigent mit weiter Ausstrahlung. Seit dem Cembalo- und Orgelstudium bei Eduard Müller in Basel stand Johann Sebastian Bach im Zentrum von Leonhardts Interesse; spätestens nach der Einspielung der Goldberg-Variationen und der Kunst der Fuge auf dem Cembalo von 1953 galt das kraftvolle und wohlkalkulierte Bach-Spiel des Niederländers als Referenz für jeden, der sich mit der Tastenmusik des 17. und 18. Jahrhunderts beschäftigte. Als Musikforscher hat sich Leonhardt kritisch mit den Quellen von Bachs Musik auseinandergesetzt. Aber er hat nicht nur versucht, einen vermutlichen „Originalklang“ zu erreichen, sondern auch Rolle und Funktion der Interpreten zur Bachzeit studiert – dazu gehörte die Wahl des Instruments und der Spielpraxis genauso wie das Arrangement eigener und fremder Musik für den aktuellen Aufführungsapparat.

Zwischen 1975 und 1978 hat Leonhardt für eigene Konzertauftritte mehrere Solowerke von Johann Sebastian Bach fürs Cembalo umgeschrieben. Darunter waren die Sonaten und Partiten für Violine solo – mit Ausnahme von BWV 1003, die bereits in einer Bearbeitung des 18. Jahrhunderts (von Bach?) in der Neuen Bach-Ausgabe vorliegt –, drei Suiten für Violoncello solo und zwei Einzelsätze aus der Flötenpartita BWV 1013 und der Lautensuite BWV 997. Leonhardt selbst hat die meisten dieser Arrangements in den siebziger Jahren eingespielt – und man hört schon den Aufnahmen an, wie raffiniert und idiomatisch er die technischen und klanglichen Eigenheiten der Streicher auf dem Cembalo klingen lässt. Selbst die vielfach bearbeitete Chaconne aus der d-Moll-Partita (Leonhardt hat sie wie die meisten Werke transponiert, in diesem Fall nach g-Moll) wirkt in seiner Version frisch, brillant und keineswegs überladen.

Auf Initiative von Leonhardts Witwe Marie und der Tochter Saskia hat Siebe Henstra, ein Schüler des Meisters, die Bearbeitungen erstmals nach den Handschriften herausgegeben (zum Vergleich sind manche Blätter im Faksimile abgedruckt). Auch wenn Leonhardt selbst das immer bescheiden abgelehnt hat: Die Perfektion der „Verwandlung“ ist erstaunlich und in keiner Weise bevormundend, die Arrangements sind ein Ergebnis jahrzehntelanger Praxis und Bach-Vertrautheit, der Druck der Ausgabe ist vorbildlich. Ein faszinierender Blick in die „Küche“ eines großen Interpreten – und eine Bereicherung für das Repertoire von Professionellen und Studierenden auf dem Cembalo.

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