Beschreibung
Die Komposition der Troisième Sonate wurde 1957 von Pierre Boulez begonnen und bis 1963 fortgeführt, wo er die Arbeit daran aus verschiedenen Gründen abbrach. Einige Teile sind vollständig ausgeführt, während andere unvollständig blieben. Die Sonate sollte fünf Sätze umfassen, die „Formanten“ genannt werden: 1. Antiphonie, 2. Trope, 3. Constellation – Miroir, 4. Strophe und 5. Séquence.
Der erste Satz Antiphonie liegt nur unvollständig vor. Die vier vorhandenen Teile sind Antiphonie I, Antiphonie II, Sigle und TRAIT INITIAL / premier trait médian. Boulez begutachtete diese Teile vor mehreren Jahren in der Paul Sacher Stiftung. Mit seinem Einverständnis durften sie zusammengefasst und für eine Publikation vorbereitet werden. Nach dem Willen des Komponisten fungierte Robert Piencikowski, der mittlerweile emeritierte Kurator der Boulez-Sammlung in der Paul Sacher Stiftung, als Herausgeber. Der Zusammenhang der vier existierenden Teile und deren Aufführungsmöglichkeiten werden ausführlich im Beiheft beschrieben.
Der zweite Satz Trope ist unter der Verlagsnummer UE13292, der dritte Satz Constellation – Miroir unter der Nummer UE13293B erschienen.
Begründung der Jury
Dass Musik aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts neu ediert und ausführlich kommentiert wird, ist bisher durchaus nicht selbstverständlich. Üblicherweise spielt man solche Werke aus dem Material, das für die Uraufführung hergestellt und dann immer weiter vervielfältigt, manchmal in Einzelheiten korrigiert wurde. Boulez' dritte Sonate aber sperrte sich von Anfang an einer einfachen Edition. Die nun von Robert Piencikowski, einem der besten Kenner der Musik dieses Komponisten, eingeleitete Ausgabe dieser komplexen Partitur ging auf die Anregung des Verlages anlässlich einer Arbeitstagung der Baseler Paul Sacher Stiftung zurück und ist ein besonders gelungenes Beispiel der Interaktion zwischen Archiv, Forschung, Verlag und Musikpraxis und rückt überdies die wichtige Arbeit der Kopistin von Boulez Krystina Reeser in den Blick, eine Tätigkeit, die üblicherweise eher unbemerkt und in ihrer Bedeutung unbesprochen bleibt. Piencikowski zeichnet detailliert die Herausforderungen einer Edition dieser Musik von den konzeptionellen Dimensionen bis in deren pragmatische, herstellungstechnische Konsequenzen für Seitenlayout und Bindung nach. Kommentierungen als Teil solcher Editionen gehen in ihrer Bedeutung weit über musikalische wie philologische Informationen für Aufführende hinaus und werden zu Quellen für die Vieldimensionalität der Aufgabe, solche Notenmatieriale herzustellen.